Aufklärung mit Humor?!

Optimismus ist ein Mangel an Information. (Alfred Dorfer)

Welche Rolle spielt Humor in unserem Leben? Können wir mit Humor Gesellschaft gestalten?

Diese Fragen stellten sich mir im Rahmen der Denkwoche zu dem Thema „Der Ernst des Lächerlichen | Zur Theorie des Komischen“. Über die Verknüpfung philosophischer Überlegungen des Referenten Prof. Rudolf Lüthe mit praxisnahen Reflexionen des österreichischen Star-Kabarettisten Alfred Dorfer begaben wir uns auf einen gemeinsamen Weg des Findens nach Antworten.

Erster Schritt: Humor als eine Fortsetzung der Aufklärung? Der theoretischen Definition von Humor näherten wir uns auf drei Bedeutungsebenen: Allgemein können wir Humor als den Sinn eines Menschen für Komik verstehen. Eng gefasst spezifizierte Philosoph Lüthe Humor als eine Heiterkeit und die damit einhergehende Gelassenheit gegenüber dem eigenen Scheitern. Eine solche gelassene Haltung bedinge ein aufklärerisches Moment des Selbstverstehens und die Akzeptanz der Gleichwertigkeit von Meinungen. Auf letzter Ebene finden wir Humor als den Kosmischen Sinn für das Komische und die damit verbundene Relativierung der Bedeutung des eigenen Selbst. Dieser Idee folgend wird Komik zu einem Mittel der Befreiung von unseren alltäglichen Handels- und Gedankenschranken und die Belebung unserer Sinne.

Zweiter Schritt: Die Satire als humoristischer Zugang zur Wirklichkeit? Der Aufklärungsgedanke spiegelt sich in einer spezifischen Form der Komik - in der Satire. Alfred Dorfer folgend liegt ihre Qualität im Erkennen der Wirklichkeit über eine kritische Beleuchtung der Wirklichkeit. Als Zugangsform zu Inhalten bedient sie sich Werkzeugen wie Zynismus, Ironie und Sarkasmus. Ihre Aufgabe sei das Aufzeigen von politischen Missständen. Beispiele wie der Attentat auf die Redaktion der französischen Satirezeitschrift Charlie Hebdo bringen die Frage auf – hat Satire Grenzen? Wie weit darf Komik im Namen der Aufklärung gehen?

Dritter Schritt: Hat Satire moralische Grenzen? Die Idee Aristoteles, Komik ende bei physischer Verletzung, können wir ausweiten auf die psychische Verletzung meines Gegenübers. Und schon befinden wir uns in einem Spannungsfeld zwischen gegenseitigem Respekt und Meinungsfreiheit. Freiheit ohne Verantwortung ist nicht denkbar. Dies gelte auch für die Freiheit als Künstler, ist Alfred Dorfer überzeugt: Die satirische Verarbeitung von Wirklichkeit bringe die Verantwortung mit sich, sich selbst mit einzubeziehen und eine klare Haltung einzunehmen. Pure Pauschalisierungen wiederum seien lediglich Spott – im Sinne von Spucken – und den Titel der Satire nicht würdig. Diese Aussage wird umso bedeutsamer vor dem Hintergrund ständiger Realsatire, beispielsweise durch Donald Trump. Die Kunst scheint also in einem feinsinnigen Aufzeigen von Schwachstellen von Seiten des Künstlers einerseits und in dem scharfsinnigen Hinhören von Seiten des Publikums, zu liegen. Bringen also restriktive Systeme die besten Satiriker und geschulteren Zuhörer hervor? Diese zynischen Fragen stellte Dorfer in den Raum und bringen zum Nachdenken.

 Vierter Schritt: Humor als Instrument zur Gestaltung von Leben und Gesellschaft?  Abschließend bleibt die Frage, was sich aus unseren theoretischen Überlegungen für unser aktives Dasein in der Welt ableiten lässt. Auf gesellschaftlicher Ebene kann Humor als eine Form der Aufklärung gegenüber Missständen dienen. Ob als Beruhigungsmittel zur Stabilisierung politischer Systeme oder motivierende Anregung zur Aktion – diese Frage bleibt offen.

Auf Ebene des Individuums wurde ich durch die Denkwoche an das Geschenk, welches uns der Humor macht, erinnert: Wir können ihn Nutzen als Verfahren zur Selbstdistanzierung, -Relativierung und skeptischen Hinterfragung von Gesetztem – als ein heiteres Mittel für die Gestaltung eines glücklichen Lebens. Und vielleicht ermöglicht er uns sogar, informiert optimistisch zu bleiben.