Was darf ich hoffen? - Eine Denkwoche zu einem unbestimmten Gefühl

Was eigentlich ist Hoffnung?

Ist sie ein Gefühl, eine Grundbefindlichkeit, eine Fähigkeit oder eine Haltung? Eine eindeutige Antwort haben wir nicht gefunden, und eben das macht Hoffnung.

Sie ist ein ambivalentes, ein „gefiedert“ Ding, wie die Dichterin Emily Dickinson in einem ihrer Gedichte schreibt, mit den übelsten Plagen, die die Menschheit quälen können, gefangen in der Büchse der Pandora, auch wenn sie als einzige am Ende in der Büchse blieb und alle anderen sich auf den Weg machten, die Menschen heimzusuchen. Aber ist sie nicht gerade deswegen eine große Kraft – ein „Existenzial“ – menschlicher Grundbefindlichkeit, um in den Widerstand gegen das zu ziehen, was uns Angst macht, bedroht, in Sorge und Verzweiflung unsere Grenzen erleben lässt? Vielleicht, der französische Denker Gabriel Marcel war davon überzeugt.

Fragen wir uns also ruhig einmal, was wir selbst von der Hoffnung halten, und folgen damit dem Fragebogen Max Frischs, um herauszufinden, ob wir „in der Regel wissen, was wir hoffen“. Oder suchen nach Vorbildern in Filmen, Literatur oder Philosophie, überlegen, wer wir als „Hoffende“ sind oder sein wollen und ob das überhaupt ein Vorhaben sein kann, das sich realisieren lässt. Worauf gründet die Hoffnung? Auf dem, was wahrscheinlich ist oder gerade nicht? Auch das eine Frage, in der wir uns auf uns zu bewegen können, Handlungsfelder erweitern und – vielleicht sogar das eröffnen lernen, was Ernst Bloch in seinem „Prinzip Hoffnung“ als das utopische Bewusstsein beschrieben hat. Es gelte das „Hoffen zu lernen“ und auch sie „zu lehren“.

Aber – geht das überhaupt und wer sollte dann unser Lehrer, unsere Lehrerin sein?
Auch hier können wir auf die Suche gehen, im Unterwegssein auf Hoffnungslandschaften, in der Bewegung auf Unerwartetes stoßen, was Möglichkeiten eröffnet, die wir noch gar nicht zu hoffen gewagt haben: Was also gibt es bereits, das Hoffnung macht? Welche drängenden Fragen der Gegenwart, die weit über unsere persönlichen Themen hinausgehen, stellen sich, machen uns oft genug aber ratlos, ohnmächtig, vielleicht hoffnungslos? Auch hier: Was ist der Fall? Welches Narrativ erzählen wir uns, und unseren Kindern und wie lassen sich Richtungen ändern, so wie die Krise immer einen Wendepunkt und weniger die schon eingetretene Katastrophe beschreibt: Lassen sich für Fragen der Energieversorgung, der Reduktion von CO2, der Bildung von Mädchen weltweit und dem, was wir für die Ozeane tun müssen, bereits heute Modelle und Lösungen entwickeln, die weniger die Hoffnung als den Mut ansprechen, den Mut, anders zu denken, ein Wagnis einzugehen und aus dem herauszutreten, was „immer schon so war“?

Wir haben in dieser Woche versucht, uns mit Ernst Bloch „ins Gelingen zu verlieben und nicht ins Scheitern“ – ganz persönlich in den kleinen Dingen des Alltags, aber auch mit Blick auf das, was uns alle angeht, gegenwärtig, aber auch in der Verantwortung für das, was kommt, die Zukunft kommender Generationen. Damit lässt sich die Hoffnung nie ohne die Verantwortung denken, mit Hans Jonas, der hier das letzte Wort bekommen soll als „die als Pflicht anerkannte Sorge um ein anderes Sein.“

Ina Schmidt

Blog, DenkwochenTobias Premauer