Das Böse - Eine Analyse mit Hilfe von Hannah Arendt und William Shakespeare

Höhepunkte der Einsicht in das Böse, seine Beschaffenheit, Chemie, seine Ursachen und Absichten fanden sich zunächst beim Menschenkenner William Shakespeare. Wie er das Phänomen des Bösen in Figuren und Handlungen künstlerisch manifestiert, ist einzigartig. 

Er, so ließe sich sagen, fasst zusammen, was in einem jahrhundertelangen Diskurs über das Böse von Plato über Aristoteles, Augustinus und Thomas von Aquin, also was in Philosophie und Religion über das Böse gefühlt und gedacht wurde. Und Shakespeare geht weit über seine eigene Zeit hinaus.

Mit den in den Werken Hamlet und Othello beschriebenen Charakteren und Inhalten zeichnet er die Welt des Inneren des Menschen, die Welt des Ich und seiner Gefährdung in ihren besten und finstersten Dimensionen. Diese Dramen sorgfältig unter unserem Leitthema Das Böse befragt, hieß tief in die Seele von uns Menschen zu schauen.

Das Böse ist bei Shakespeare personengebunden. Dem gegenüber macht die politische Denkerin Hannah Arendt in ihren Forschungen zum Totalitarismus und im Bericht über den Eichmann-Prozess im 20. Jahrhundert neue Formen des Bösen aus: Das radikal Böse und das banal Böse.  Man kann es in seiner scheinbar anonymen, personell nicht gebundenen Form, so sagt sie, weder bestrafen noch vergeben. Und weiter: „Was das radikal Böse nun wirklich ist, weiß ich nicht .…. es hat irgendwie mit den folgenden Phänomenen zu tun: Die Überflüssigmachung von Menschen als Menschen .…. dies alles wiederum hängt zusammen ….. mit dem Wahn von der Allmacht des Menschen .…. Die Allmacht des Menschen macht den Menschen überflüssig“. 

Die Beschreibungen von Shakespeare und die Analysen von Arendt und ihr Vergleich haben uns weitergeholfen, die mythischen, philosophischen, ethischen, politischen und existentiellen Dimensionen des Bösen zu begreifen.

 

Hans-Joachim Mattke