02. - 08. Juni 2024:

Mythos Hölderlin: "Göttliches Feuer auch treibet (uns) aufzubrechen. So komm, daß wir das Offene schauen..."

Seine Gedankenwelt, sein poetischer Geist und sein revolutionäres Ringen.

Göttliches Feuer auch treibet, bei Tag und bei Nacht, Aufzubrechen. So komm! daß wir das Offene schauen, Daß ein Eigenes wir suchen, so weit es auch ist
— Friedrich Hölderlin

©Hans-Joachim Mattke

Liebe Denkerin, lieber Denker,

wer auf der Suche nach Inspiration und Erholung ist und der Kunst des gelingenden Lebens auf die Spur kommen möchte, der ist im Château d’Orion, dem Gäste- und Kulturhaus am Fuße der Pyrenäen, genau richtig. Wo könnte man besser über Wesentliches nachdenken als unter der alten Platane mit Blick auf Wiesen, Weiden und Wälder oder vereint um einen prasselnden Kamin?

In Friedrich Hölderlins 1797 erschienenem Roman über den griechischen Freiheitshelden "Hyperion oder der Eremit in Griechenland" ruft Alabanda aus:  "Weisst Du, warum ich nie den Tod geachtet? Ich fühle in mir ein Leben, das kein Gott geschaffen und kein Sterblicher gezeugt. Ich glaube, dass wir durch uns selber sind und nur aus freier Lust so innig mit dem All verbunden."

Mit kleinen Variationen könnte man dieses tiefe Selbstgefühl, dieses von nichts als dem Selbst gestützte existentiale Weltempfinden den Existentialisten des 20. Jahrhunderts zuschreiben. Auch seine politische-gesellschaftlichen Gedanken sind seiner Zeit weit voraus. In seinem Empedokles heißt es:

Dies ist die Zeit der Könige nicht mehr. (...) / Hegt / Im Neste denn die Jungen / immerdar / Der Adler? Für die Blinden sorgt er wohl, / Und unter seinen Flügeln schlummern süß / Die Ungefiederten ihr dämmernd Leben. / Doch haben sie das Sonnenlicht erblickt, / Und sind die Schwingen ihnen reif geworden, / So wirft er aus der Wiege sie, damit / Sie eignen Flug beginnen. Schämet euch, / Daß ihr noch einen König wollt; ihr seid / Zu alt; zu eurer Väter Zeiten wärs / Ein anderes gewesen. Euch ist nicht / Zu helfen, wenn ihr selber euch nicht helft. / (...)

Nicht ratlos stehen laß ich euch, / Ihr Lieben! aber fürchtet nichts! Es scheun / Die Erdenkinder meist das Neu und Fremde, / Daheim in sich zu bleiben strebet nur / Der Pflanze Leben und das frohe Tier. / Beschränkt im Eigentume sorgen sie, / Wie sie bestehn, und weiter reicht ihr Sinn / Im Leben nicht. Doch müssen sie zuletzt, / Die Ängstigen, heraus,....(...) / Ihr dürstet längst nach Ungewöhnlichem, / Und wie aus krankem Körper sehnt der Geist / Von Agrigent sich aus dem alten Gleise. / So wagts! was ihr geerbt, was ihr erworben, / Was euch der Väter Mund erzählt, gelehrt, / Gesetz und Brauch, der alten Götter Namen, / Vergeßt es kühn...

Der Aufbruch ins Offene, Ungesicherte, in die Utopie, in den Entwurf einer Individuation - man mag aus alledem verstehen, warum - um ein Denkbild von Walter Benjamin zu verwenden - Hölderlin ein Dornröschen-Phänomen ist.

Anders als die 'klassisch Vollendeten' hielt Hölderlin sein Schreiben stets im Fluss, korrigierte und überarbeitete sein Geschriebenes, fasste es nicht als Endfassung auf und übergibt uns damit offene Texturen, die neues Lesen erfordern.

Wieder entdeckt wurde er in der Sinnleere der Jahrhundertwende, unter anderem vom George Kreis, von den frühen Arbeiten eines Walter Benjamin, der Begeisterung der Expressionisten (Trakl und anderen).  Später breitete sich eine Hölderlin- Begeisterung aus.  Paul Celan in Tübingen. Berührend sein Gedicht "Tübingen, Jänner" aus dem Jahre 1961. Es besingt den Dichter-Bruder....

Hölderlins Kosmos wurde erweckt.

Es wird dieser Dichter des 18. und frühen 19. Jahrhunderts immer mehr als Zukünftiger sichtbar, lesbar, hörbar. Er hat uns viel zu sagen. Wir werden ihm zuhören in vielen Weisen.

Hans-Joachim Mattke im Oktober 2023

 

der referent

Hans-Joachim Mattke ist 1944 in Breslau geboren. Seine Kindheit und Jugend hat er in Stuttgart verbracht. Er studierte Germanistik, Romanistik und Philosophie in Tübingen. Es folgte ein zusätzliches Studium der Theaterwissenschaften und Regie in Wien. Viele Jahre lehrte er an Lehrerseminaren in Deutschland und USA und gab Unterricht an gymnasialer Oberstufe in Stuttgart in Literatur, Kunstgeschichte, Drama und Theater sowie über 20 Jahre hinweg Literaturkurse an Summer Colleges in USA. Über Jahrzehnte reiste Mattke immer wieder nach New York, Washington und Hawaii als Berater im Bereich „teaching quality“. Hans-Joachim Mattke ist Autor des Stücks: „John Cage und Mark Rothko – Warum haben Leute mehr Angst vor neuen Ideen und nicht vor alten“ (Uraufführung am 24. 11. 2012 im Theaterhaus in Stuttgart). Er realisierte ein Theater mit Jugendlichen, Crossover mit Musikern und Schauspielern, Profis und Amateuren: Strawinskys „Die Geschichte des Soldaten“ in Stuttgart und Salzburg. Zuletzt hat er gemeinsam mit dem Pianisten Wenzel Gummer das szenische Konzert „Doktor Faustus – zwischen Beethoven und Schönberg“ kreiert, mit großem Erfolg in München uraufgeführt wurde. Weitere Aufführungen folgten 2022 und 2023.

 

Anmeldung zur Denkwoche

preise

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Alle Preise inkl. Mehrwertsteuer.

Gerne stellen wir Ihnen eine Weiterbildungsbescheinigung für Ihren Arbeitgeber oder für Ihre Steuererklärung aus. Bitte sprechen Sie uns dazu an.

Beinhaltet 6 Übernachtungen, ein opulentes Frühstück, ein 2 gängiges Mittagsmenu und ein 3 gängiges Abendmenu, Pausengetränke und Obst zu jeder Zeit. Getränke sind nicht enthalten und werden gesondert abgerechnet.

Für Ihr Wohlbefinden fühlt sich die gesamte Équipe d’Orion zuständig. Sprechen Sie uns gerne schon vor Ihrer Buchung an!