10. - 16. Mai 2026:
Dei Gesellschaft und ihre Gefühle - Die unterschätzten Kräfte des Weltgeschehens
(In Zusammenarbeit mit ZEIT REISEN)
„Die Gesellschaft bewegt sich vorwärts, nicht aber das Wasser woraus sie besteht“
© Bernd Scheffer
Diese Denkwoche beobachtet und diskutiert die Gefühle der Gesellschaft gerade auch dort, wo sie nicht zugleich offen zutage treten. Wissenschaft und Publizistik haben es bis weitgehend vernachlässigt, die starke, die häufig sogar dominante Rolle von Gefühlen in gesellschaftlichen Entwicklungen und Konflikten überhaupt zu berücksichtigen. Dabei zeigen doch Vergangenheit, Gegenwart und absehbare Zukunft, dass die emotionalen Triebkräfte in Familien, in gesellschaftlichen Gruppierungen, in der Landes- und Weltpolitik durchaus die vorherrschenden Triebkräfte sind oder zumindest sein können.
Wir bezweifeln, dass die gegenwärtigen Debatten über die Zukunft Europas die tatsächliche, durchaus unbequeme emotionale Problemlage unserer Gesellschaft(en) und ihrer Medien ausreichend berücksichtigen. Man hält gesellschaftliche Probleme zumeist für ein Sachproblem, für ein Vernunftproblem bzw. für ein Unvernunftproblem und versucht daher, ihm mit Aufklärung, Belehrung und der Erwartung auf Einsicht beizukommen. Verkannt wird dabei, dass den negativen Gefühlen in der Gesellschaft oft nur noch mit emotionalen Gegen-Programmen beizukommen ist.
Wir erleben es gerade verstärkt: Verträge Verpflichtungen, nationale und internationale Standards zählen in der Öffentlichkeit nichts mehr, wenn Einzelpersonen oder einzelne Gruppen darauf „einfach keine Lust mehr haben“. Die emotionale Persönlichkeitsstruktur von Politikern bestimmt die Abläufe der Weltpolitik. In welchen Dimensionen kann man Konflikte überhaupt noch verstehen, wenn nicht psychologisch, wenn nicht in den Dimensionen von Eitelkeit und Narzissmus, von ganz persönlichem Gewinn-, Macht- und Rachebestrebungen? In der Gesellschaft und ihren Konflikten ging es noch nie allein um Geld, um Landnahme, Rohstoffe, Förderung von Wirtschaft, Industrie und Handel. Emotionen überstehen alle finanziellen Sanktionen.
Der Raub Helenas durch Paris hatte den Trojanischen Krieg zur Folge. Und nur die Götter konnten nach vielen Kriegsjahren überhaupt ein Einlenken der unnachgiebig Streitenden erzwingen. Die Geschichte zeigt, dass die Erbeutung von Frauen durchaus ein Kriegsmotiv sein kann. Vermutlich wurden alle Revolutionen emotional ausgelöst, zumindest als der zündende Funke der weiteren Ereignisse.
Eine maßlose Kriegsbegeisterung folgte nicht erst dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs, sondern sie lässt sich schon vorher beobachten und zählt daher zu den Ursachen dieses Krieges. Selbst die längst vor 1914 überall verbreiteten Matrosenanzüge der Kinder betrafen ja nicht die Handels-, sondern die Kriegsmarine.
Die emotionalen Bedingungen für den Aufstieg und den Verlauf des Nationalsozialismus lassen sich selbstverständlich ebenso eruieren und mit Gefühlszuständen erklären. „Gefühlsmanipulation“, „Propaganda“ und „Massenpsychose“ sind hier die Stichworte. Zu diskutieren ist auch die kollektive emotionale Verdrängung der Nazi-Vergangenheit nach 1945. Es war die ihrerseits emotional zugespitzte amerikanische Fernsehserie „Holocaust – Die Geschichte der Familie Weiss“ (1978), die in Deutschland eine größere Diskussion in Gang brachte, nicht so sehr die Arbeit der Historiker, nicht so sehr der „Nürnberger Prozess“.
Es lohnt sich, auch noch einmal einen Blick auf die emotionalen Bedingungen der Studentenproteste der Jahre 1967 und 1968 zu werfen. Welche Gefühle löste der Tod von Benno Ohnesorg oder das Attentat auf Rudi Dutschke aus?
Der Terror der „Roten Armee Fraktion (RAF)“ richtete sich im Wesentlichen gegen die fortgesetzte Macht der alten Nationalsozialisten. Aus der Sicht derer, die ihn ausüben, ist Terror allerorten ein „Erfolgsmodell“ des Handelns: Die Täter kommen gefühlsmäßig aus der Opferrolle heraus, sie bieten Sinnstiftung und emotionale Anschlussmöglichkeiten im Rahmen einer Gruppe, die ähnlich denkt und fühlt. Die Täter haben Aussicht, als Helden und Märtyrer in die Ewigkeit einzugehen.
Es gibt verhältnismäßig wenig sachliche Begründungen für die Art und Weise, wie in den Ländern der westlichen Welt die jeweiligen Maßnahmen zur Migrations- und Asylpolitik ablaufen. Politisches Handeln erscheint gerade hier als nachgeschobene, angebliche rationale Handlungen infolge emotionaler Voraussetzungen: Fremdenangst, Verachtung von Minderheiten. Systeme, welcher Art auch immer, stabilisieren sich offenbar nicht allein über interne Verknüpfungen, sondern vor allem auch über Abgrenzungen nach außen, über das, was das jeweilige System von seiner jeweiligen Umwelt unterscheidet. Was kennzeichnet die Gruppe der Rheinländer oder die Gruppe der Bayern? Äußerst schwer zu sagen, aber leicht zu sagen ist, dass Rheinländer keine Bayern und Bayern keine Rheinländer sind. In Bayern heißt es völlig inhaltsleer, aber theoretisch als Tautologie völlig konsequent: „Mir san mir!“
Zu diskutieren ist, inwieweit Menschen überhaupt durch sachliche Begründungen, durch Vernunft, durch Rationalität, durch Argumentation belehrbar sind. Zumindest die Startbedingungen einer Meinungs- und Verhaltensänderung, zumindest die Eingangstüren sind emotional bestimmt. Aufschlussreich wird dabei auch ein Blick auf Männerhass und Männerfreundschaften (etwa Kohl und Gorbatschow in ihren Strickjacken).
Die Denkwoche soll einen genaueren Blick auch auf weitere Themen bieten
· auf psychologische Theorien der Emotion. Inwieweit sind Gefühle angeboren bzw. anerzogen? Inwieweit gibt es historische und kulturelle Unterschiede?
· auf Religionen. Auch sie behandeln keine Sachprobleme, sondern die weitgehend unlösbaren emotionalen Grundprobleme der menschlichen Existenz.
· auf die Welt der Kunst. Literatur, Bildende Kunst und Musik behandeln Gefühlsprobleme der Gesellschaft, die anderswo nicht oder nicht in gleicher Weise verhandelt werden.
· auf die Werbung. Erfolgreiche Werbung weiß, dass sachliche oder scheinbar sachliche Hinweise wenig Kaufanreiz bewirken. „Tun Sie Ihrem Kind etwas wirklich Gutes!“ Wir folgen den Kaufvorschlägen von hochbezahlten Prominenten
· auf die Liebe, auf verwandtschaftliche und freundschaftliche Beziehungen (auch in historischer Dimension)
· auf die sog. „Social Media“. Selten werden dabei Sachinformationen ausgetauscht, vielmehr geht es den Influencern und ihren Vorläufern um Gefühlsgemeinschaften.
· auf die Kehrseiten der Selbstverwirklichung, der Selbstoptimierung
· auf Verschwörungstheorien. Sie sind dadurch bestimmt, dass sie sachlich nicht zwingend widerlegt werden können – aufgrund ihrer weitgehend emotionalen Mechanismen.
· auf die gefühls-politische Bedeutung von Sport. Vor allem der Fußball zeigt die völlig absurden Überschätzungen all dieser Veranstaltungen (sagt der Fußball-Fan BS).
der referent
Prof. Dr. Bernd Scheffer lehrte bis zu seiner Pensionierung Literatur- und Medienwissenschaft an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Er ist auch Diplompsychologe und arbeitet psychotherapeutisch.
preis
2.180 € im Einzelzimmer
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Alle Preise inkl. Mehrwertsteuer.
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Beinhaltet sind 6 Übernachtungen, ein opulentes Frühstück, ein 2 gängiges Mittagsmenu und ein 3 gängiges Abendmenu, Pausengetränke und Obst zu jeder Zeit. Getränke zu den Mahlzeiten sind nicht enthalten und werden gesondert abgerechnet.
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