Über das Praktikum im Château d’Orion oder Ein Brief an einen Stern mit der Empfehlung sich verschiedenste Betonungen, Tempi und Gedankenpausen beim Lesen dazuzudenken

Liebes Orion,

zwei kurze Monate habe ich bei dir verbracht, kalendarisch betrachtet kein großes Ding. Aber Holla die Waldfee war da was los! Der Teufel steckt im Detail und dieses mal war er fleißig!

Mit der Ankunft schon kam es zum Äußersten, damit ist für mich, rückblickend, die Grundfrequenz eindeutig:

Die Begegnungen werden das ganz Besondere sein.

  

Zuallererst eine Umarmung für Tobi und Elke, dann eine Bise für Cathy, eine für Dayana.

Für das Kennenlernen ist mir aber nicht viel Zeit geblieben, denn die nachbarlichen Apéros rufen.

 

Florentine’s sowie Samukka’s und Eren’s Besuch, pars pro toto für alle Fremden, waren augenöffnend:

Nämlich die Möglichkeit wirklich zeigen, riechen, schmecken, kurz:

spüren lassen zu können, wer oder was Du bist. 

Ich nähre mich noch jetzt des Lebensglücks in kleiner Runde, das Philosophieren unter der Platane, der Abende in der untergehenden Sonne, getragen und behütet von dem starken Profil der Pyrenäen.

 

Mir fällt die kurze Begegnung mit dem netten Paar ein, das mich Fremden, nach Hause fuhr. Das sofortige In-den-Rhythmus-Kommen nach Verspätungen, die fleißigen Abende zwischen Küche und Salle-à-Manger mit Joëlle, später dann mit Carlos meinen beiden Mitpraktikanten.

Einatmen. Ausatmen. Elke umarmen. Tobi umarmen.

Dann weiter schnell wie ein blauer Blitz mit Anne-Katherine. Mit Strohkorb und Strohhut wird gemarktet, wie es sich gehört: Geplauder, Probiererle und Staunen. Mit quietschenden Reifen, weil Cedrinho spät dran, dann weiter.

Tapetenwechsel. 

Ruhig und besonnen, aufgeweckt und müde werde ich von Madame Labbé empfangen.

Diese zarte Gestalt mit wachen, müden blauen Augen. Dieser Mensch von Anmut und Weisheit, diese lebendige Erinnerung an das Château d’Orion.

Wasser! Wasser! Wasser! 

Wenn es nicht in Form von Schweiß oder donnerndem Regen erscheint, so lädt es in Sauveterre als Gave zum Baden ein. Aufgenommen hat es mich selten Rastenden und spendete Frische und Stärke.

Ich bin nicht der erste, der von dir so verzaubert wurde. Und so meine ich zu glauben, werde ich auch nicht der letzte sein. 

Du hast etwas in mir bewirkt.

Deine Geschichte schreibst du immer wieder neu, Zeile für Zeile, Kapitel für Kapitel, durch die Jahrhunderte hindurch. Als Medium dienen dir deine Gäste.

Du bringst Menschen so zusammen, wie Teppiche verschiedene Fäden vereinen. Gemeinsam ein größeres, schöneres Bild ergebend.

Durch dich finden Wege zusammen und werden zu einem Netz, mit diesem Netz kann man dann die Schmetterlinge fangen, bestaunen und dann wieder fliegen lassen.

Oder warte:

Muss man Schmetterlinge mit einem Netz fangen? Vielleicht reicht es auch aus ein kleines Blumenbeet anzulegen, damit sie sich dann am frischen Nektar erquicken. Diesen Augenblick könnte man dann beobachten.

All jenes um zu Fragen: 

Wie, liebes Orion, kann ich dich strahlen lassen? Was kann ich kleiner Wanderer tun, um dein Licht in die Welt zu tragen? 

Schillernd lehrst du dein Geheimnis,

in all deiner Pracht den Sternenhimmel schmückend.

Du weißt etwas, dass ich nicht weiß.

 

Und schaue ich des Abends zu dir auf, so flüsterst du in mein Herz und bringst Erinnerungen hervor:

 

 Erinnerungen an jenen Ort Orion.

  

Elke und Tobi seid umarmt,

bis zur nächsten Umarmung,

 

Cédric, Praktikant vom 07.04.-09.06 2025

Tobias Premauer