14. - 20. Juni 2026:
Anselm Kiefer und Paul Celan: Der Schrei nach Farbe und das ‘erschwiegene’ Wort
Eine Annäherung an die neuen Bild- und Sprachräume nach 1945
„Die Illusion von Grenzen macht uns erst lebensfähig“
©Hans-Joachim Mattke
Die gewaltige Doppelausstellung "Anselm Kiefer: Sag mir wo die Blumen sind" im Van-Gogh-Museum und im Staedelijk Museum in Amsterdam hat die öffentliche Diskussion über sein Werk und über die Fragestellungen, die er seit Jahren aufgeworfen hat, angefacht. Und damit rückt auch seine Monumentalität und Poesie vereinende Ausstellung: „Anselm Kiefer: Pour Paul Celan“ im Pariser Grand Palais Éphémère (16. 12. 2021-11. 1. 2022) wieder in den Fokus.
Es war der persönliche Wunsch des französischen Präsidenten Emmanuel Macron, dass Anselm Kiefer zu Beginn der französischen EU-Ratspräsidentschaft im Pariser Grand Palais Éphémère Monumentalwerke zur Dichtung Paul Celans ausstellt. Dies ist der (vorläufige) Höhepunkt der besonderen Wertschätzung durch die Französische Republik, der sich Anselm Kiefer erfreut. Wie kein anderer bildender Künstler der Nachkriegszeit hat Kiefer die „Erinnerungsarbeit“ zum Kern seines Werkes gemacht. Seit Anselm Kiefer Paul Celans „Todesfuge“ in der Schule gelesen hatte, ließ ihn der Dichter nicht mehr los. Ab 1980 versah er viele seiner Kunstwerke, in denen er sich mit der deutschen Nachkriegsidentität auseinandersetzte, mit Gedicht-Zitaten vor allem Celans. Celan schrieb die Todesfuge im Mai 1945. Ebenfalls im Mai 1945 wurde Anselm Kiefer in Donaueschingen geboren. Celan und Kiefer waren deutsch-französische Grenzgänger, beide fanden in Frankreich eine zweite Heimat und beide eint die lebenslange Auseinandersetzung mit der Katastrophe des Krieges und des Holocausts: Celan angetrieben von der conscience malheureuse des Überlebenden, Kiefer von der conscience du mal, der von Deutschen begangenen Verbrechen. In dem Bild „Für Paul Celan – das Bett Gedächtnis" hat Anselm Kiefer die Last des Gedächtnisses gestaltet.
Über Künstler, die nach 1945, nach dem Weltkrieg, nach der Atombombe und vor allem nach dem Holocaust versuchen, für das Unbeschreibliche, das Unsagbare Bilder und Worte zu finden - über sie eine Denkwoche anzubieten, das mag schwierig sein. Adornos Satz: "Nach Auschwitz kann man kein Gedicht mehr schreiben" - könnte man auch auf die Malerei beziehen und sagen. Die Wirklichkeit hat Bilder geschaffen, die jede künstlerische Bildgestaltung überholt, ja unmöglich macht.
Celans Gedichte finden eine neue Sprache, eine neue Lyrik, die in ihrer Hermetik, in ihrer fragilen und verletzlichen Innenwelt eine andere Antwort findet als der kraftvolle Kiefer. Und dennoch sind sie nah beieinander.
Zur Methodik: Wir hören und betrachten die Gedichte von Celan an den Vormittagen. Von seinen frühen bis zu seinen letzten nahezu gänzlich chiffrierten "Sprachgittern" vor seinem Suizid in der Pariser Seine. Bildbetrachtungen von Kiefers Werken aus allen seinen Werkphasen beschäftigen uns am Nachmittag. Dieses methodisch wie inhaltliche interdisziplinäre Vorgehen wird zu Erkenntnissen über diese beiden Künstler und Kunstarten hinausführen. Ihre Arbeit gibt uns Auskunft über uns und die Zeit, in der wir leben und gelebt haben.
Hans-Joachim Mattke im September 2025
der referent
Hans-Joachim Mattke ist 1944 in Breslau geboren. Seine Kindheit und Jugend hat er in Stuttgart verbracht. Er studierte Germanistik, Romanistik und Philosophie in Tübingen. Es folgte ein zusätzliches Studium der Theaterwissenschaften und Regie in Wien. Viele Jahre lehrte er an Lehrerseminaren in Deutschland und USA und gab Unterricht an gymnasialer Oberstufe in Stuttgart in Literatur, Kunstgeschichte, Drama und Theater sowie über 20 Jahre hinweg Literaturkurse an Summer Colleges in USA. Über Jahrzehnte reiste Mattke immer wieder nach New York, Washington und Hawaii als Berater im Bereich „teaching quality“. Hans-Joachim Mattke ist Autor des Stücks: „John Cage und Mark Rothko – Warum haben Leute mehr Angst vor neuen Ideen und nicht vor alten“ (Uraufführung am 24. 11. 2012 im Theaterhaus in Stuttgart). Er realisierte ein Theater mit Jugendlichen, Crossover mit Musikern und Schauspielern, Profis und Amateuren: Strawinskys „Die Geschichte des Soldaten“ in Stuttgart und Salzburg. Zuletzt hat er gemeinsam mit dem Pianisten Wenzel Gummer das szenische Konzert „Doktor Faustus – zwischen Beethoven und Schönberg“ kreiert, mit großem Erfolg in München uraufgeführt wurde. Weitere Aufführungen folgten 2022, 2023 und 2025. Derzeit bereitet er ein Stück über Walter Benjamin vor, das demnächst uraufgeführt wird..
Anmeldung zur Denkwoche
preise
2.180€ im Einzelzimmer
1.930€ p.P. im Doppelzimmer
Alle Preise inkl. Mehrwertsteuer.
Beinhaltet 6 Übernachtungen, ein opulentes Frühstück, ein 2 gängiges Mittagsmenu und ein 3 gängiges Abendmenu, Pausengetränke und Obst zu jeder Zeit. Getränke zu den Mahlzeiten sind nicht enthalten und werden gesondert abgerechnet.
Für Ihr Wohlbefinden fühlt sich die gesamte Équipe d’Orion zuständig. Gerne stellen wir Ihnen eine Weiterbildungs-Bescheinigung für Ihren Arbeitgeber oder für Ihre Steuererklärung aus. Bitte sprechen Sie uns dazu an.